Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

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Jolly Roger
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Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von Jolly Roger »

Hallo zusammen,

im April habe ich nach 2900 Betriebsstunden bei meinem 2GM20 die Einspritzdüsen prüfen/reparieren lassen. Die Ventile wurden eingestellt und das Thermostat wurde gewechselt -> siehe meinen vorherigen Beitrag zum Geräusch im Schalldäpfer, nah gut, es ist ein Wassersammler.

Ich bin nur vom nw-lichen IJsselmeer zur Amsterdam Marina gefahren und habe da 7 Wochen gelegen. Nach der Weiterfahrt habe ich im Noordzeekanaal mal richtig Vollgas gegeben - bei 2600min-¹ war allerdings Schluß und ich war von schwarzem Rauch umgeben.

Auf der Nordsee, Richtung Süden bin ich dann, weil der Strom noch kurzeitig von vorne kam, mehrfach mit Motorunterstützung gefahren - immer mit dem selben Ergebnis, bis 2200min-¹ ist alles ok, bei höherer Drehzahl beginnt der schwarze Rauch.

Jetzt bin ich in Stellendam mit meinem Problem. Hier sitzt ein sogenannter Yanmar-Spezialist.

Ich erkläre dem Boss, daß ich ein Problem mit meinem 2GM20 habe.
»Dat kan niet«, aber ich soll mal sagen was ist -> Schwarzer Rauch ab 2300min-¹ unter Belastung, der Motor startet sehr gut, im Leelauf kein Rauch, max. Drehzahl mit eingekuppeltem Propeller nur 2600min-¹, dann wird alles SCHWARZ.

Dann erkläre ich noch, daß vor 10 Betriebsstunden ein Yanmar-Spezialist die Einspritzdüsen gewartet hat (da wurden Innereien getauscht), die Ventile wurden eingestellt und das Thermostat gewechselt
Sein Motorschrauber will sofort losfahren und nachsehen - das ist ja sehr nett.

Der Boss gibt ihm noch ein paar Empfehlungen mit, von wegen Kompressionsmessung, Filter, Auspuff usw. Wir fahren zurück zum Hafen, er mit seinem bestelbusje und ich mit dem Fahrrad. Im Hafen folgt er mir mit einer Plastiktüte voller Utensilien ...

• Als der Motor wie ein junger Gott anspringt, fange ich seitwärts einen Blick des Schraubers auf, der aussagt: »was will der eigentlich, geht doch?«
• Jetzt testet er selber: Vollgas im Leerlauf, nichts, kein Rauch, der Blick wiederholt sich.
• Eingekuppelt, rückwärts 2800min-¹, nichts, kein Rauch, der Blick wiederholt sich.
• Eingekuppelt, vorwärts 2200min-¹, nichts, kein Rauch, der Blick wiederholt sich.
• Mir schwant was, der hat keine Ahnung, die Übersetzung ist auch beim Boot rückwärts anders, genau wie beim Auto.
• Jetzt bin ich dran, eingekuppelt, vorwärts 2600min-¹, mehr ist nicht drin, die verqualmte Gegend sieht nach einem altem Braunkohlekraftwerk aus, ich gebe den verständnislosen Blick zurück. Der 'Yanmar-Spezialist' sieht mich in dem Qualm jedoch nicht!
• Der Schrauber -> »hmpf?« Aber er meint, der Motor ist ok! Den müssen wir nicht aufmachen. Hij werkt goed.
• Ja, ja, du mich auch!
• Er tippt auf den Ansaugfilter, den brauchen wir hier nicht, wir sind nicht in der Wüste. Den Filter hatte ich aber wegen ähnlicher Überlegungen schon lange vorher ausgebaut -> »hmpf?«
• Dann kommt die Frage: »Schroev of schroevas blokkert?« Na wenigstens ein Lichtblick von Verständnis bei diesem Typ -> Nein ich bin gestern unter das Boot getaucht, Propeller und Welle sind frei -> »hmpf?«
• Nachdem der 'Yanmar-Spezialist' den Einfüllstutzen für das Getriebeöl an der falschen Seite gesucht hat, kontrolliert er, nachdem ich den Meßstab rausgeschraubt habe, den Ölstand im Getriebe??? -> »hmpf?«, aber das kommt jetzt von mir.
• Und somit wächst bei mir das Unverständnis für den 'Yanmar-Spezialisten'
• Dann läßt er noch, um sein Spezialwissen zu unterstreichen, einen überflüssigen Vortrag über das Verhältnis von Dieselmasse zu Luftmasse von 1:15 vom Stapel. Daß man so was ›Stöchiometrisches Mischungsverhältnis‹ nennt, ist ihm nicht bekannt. Eine Diskussion über Masse und Volumen riskiere ich nicht.

Seine Empfehlung: »Wir sollen eine längere Zeit draußen mit Vollgas fahren, dann wird das schon«
Sagt es und verschwindet mit seinem unbenutzten Plastikbeutel ohne einen Pfennig Geld zu fordern.

Danach habe ich das Ventilspiel kontrolliert, mit 0.2mm ok.
Der Auspuff ist vollkommen frei, vom Krümmer bis nach draußen.
Der Lufteinlaß ist frei, aber der Motor qualmt eingekuppelt ab 2300min-¹ auch ohne Luftfilter.
Propeller und Welle hatte ich ja schon kontrolliert - alles frei und leichtgängig

In den diversen Handbüchern zu Dieselmotoren allgemein und speziell zum 2GM20 lese ich, daß ich bei solcherart Problemen immer einen Fachmann hinzuziehen soll. Zunächst hat mir ein 'Yanmar-Fachmann' das Problem wahrscheinlich eingebrockt, denn vorher war das in Ordnung und jetzt stellt sich der nächste 'Yanmar-Spezialist' als vollkommener Trottel heraus.

Letztendlich muß ich mir einen Vorwurf machen. Ich habe mit dem Inspektionsauftrag für die Einspritzdüsen gegen ein ELEMETARES GESETZ verstoßen: never touch a running system

Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.

Hat vielleicht einer von Euch eine Idee, was das sein könnte?
Viele Grüße / Groetjes

Klaus (Dehler32)
Bernhard
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Re: Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von Bernhard »

Hallo Klaus, wie schnell ist das Boot mit 2300 U/min? Sind die Propellerflügel Glatt? Gruß Bernhard
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Jolly Roger
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Re: Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von Jolly Roger »

Der Propeller (GORI 16x11) ist glatt und klappt leicht auf und zu. Die Welle läßt sich von Hand leicht drehen.
Die Geschwindigkeit des Bootes bei 2200min-¹ ist 5.4 kts.
Die vorher beschriebenen Tests wurden am Liegeplatz durchgeführt.
Bei Saisonbeginn hat der Motor eingekuppelt bei Vollgas und geringer Rauchentwicklung (was da normal ist) 3050min-¹ erreicht.
Im Leerlauf, ich habe ihn kurzzeitig mit 3400min-¹ drehen lassen, kein Rauch, auch jetzt nicht!
Ich weiß, das sieht nach Propeller, Welle oder Wellenlager aus, das ist aber nichts ...
Viele Grüße / Groetjes

Klaus (Dehler32)
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Momo
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Re: Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von Momo »

Jolly Roger hat geschrieben: ......Dann erkläre ich noch, daß vor 10 Betriebsstunden ein Yanmar-Spezialist die Einspritzdüsen gewartet hat (da wurden Innereien getauscht).....
Moin Klaus,

reines Bauchgefühl also nicht fundiert :roll: ist mal mein Tip folgender. Ich würde ich bei den Düsen schauen. Dunkler Rauch ist oft zuviel Kraftstoff bei alten Dieselaggregaten.
Auch wenn das alles neu sein soll, ev Montagefehler oder oder oder ist ja immer möglich. Wenn du da Unterlagen brauchst Mail mich an.

Gruß
Bernd
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Jolly Roger
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Re: Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von Jolly Roger »

Hier kommt die Auflösung zum Schwarzen Rauch und zu den Hagelgeräuschen im Wassersammler

Letztendlich war die Ursache des schwarzen Qualms das defekte Auslaßventil des ersten Zylinders.
Jetzt wird mir die ganze Sache klar! Damit ging beim Kompressionshub im Leerlauf einiges an Druck flöten und dadurch wurde das Kühlwasser im Mischkrümmer extrem beschleinigt und hagelte dann im Wassersammler gegen die hintere Prallwand. Von dem defekten Ventil kamen dann auch die schwarzen Flecken von unverbranntem Diesel auf der Wasseroberfläche, wenn der Motor beim Abremsen wieder Leistung bringen mußte.
Gleichzeitig sind jetzt auch die Startprobleme beseitigt, der Motor ließ sich nur noch bei Vollgas starten.
Viele Grüße / Groetjes

Klaus (Dehler32)
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segler_tom
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Re: Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von segler_tom »

Hallo Klaus,
ich habe ein ähnliches Problem mit dem Kaltstart und unter Volllast. :cry:
Du hast vorher geschrieben, dass der Motor gut anspringt, aber nachher von Startproblemen berichtet - kannst du das näher erläutern?

Hast die die Kompression gemessen? Wenn ja, mit welchem Ergebnis?

Vielen Dank und beste Grüße
Thomas
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Jolly Roger
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Re: Eine Motorgeschichte um schwarzen Rauch

Beitrag von Jolly Roger »

Hallo Thomas,

nachdem sich letzten Sommer der 'Spezialist' in Zuidholland so seltsam angestellt hatte, bin ich mal zum Chef der Firma gegangen. Seine Aussage: der Yanmar geht nicht kaputt, der ist innen nur total verdreckt.

Er hat mir dann ein Aditiv (für Profis) mitgegeben. Ich sollte das in den zu einem Drittel gefüllten Tank schütten und dann 5h mit dem Motor ziemlich schnell fahren. Dann wäre das Problem erledigt.

Und siehe da, der Rauch verschwand fast gänzlich und der Motor sprang auch wieder gut gut an.

In den Niederlanden nennt man so ein Zeug 'Haarlemmerolie'. Das Zeug funtioniert, hat aber die Probleme nur kurzzeitig überdeckt. Als ich dann wieder getankt hatte und das 'Haarlemmerolie' weg wer, waren die Probleme wieder da.

Der auswechselbaren Vorkammer hinter der Einspritzdüse des ersten Zylinders hat das defekte Ventil auch nicht gut getan. Die war auch kaputt.

Unser Hafenschrauber im Heimathafen hat die Kompression gar nicht erst gemessen sondern sofort im Boot den Zylinderkopf abgeschraubt und da sah man die Bescherung. Der Vantilsitz des Auslaßventils des ersten Zylinders war angerostet. Außerdem hatte die Zylinderlauffläche Riefen.
Das ist durch Honen beider Zylinder auch behoben worden.

Der Motor ist jetzt jedenfalls nach 2937 Betriebsstunden generalüberholt und läuft wieder wie neu
Viele Grüße / Groetjes

Klaus (Dehler32)
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