Eine Propellergeschichte

Antworten
Benutzeravatar
Jolly Roger
Beiträge: 176
Registriert: 13.12.2009, 17:16
Wohnort: Niederlande / Rheinland

Eine Propellergeschichte

Beitrag von Jolly Roger »

Mein Name ist Ishmael. Ich war ein relativ glücklicher Segler.

Zu 32% der Fahrzeit war ich jedoch in den Niederländischen Gewässern wegen Schleusen, Brücken, kein Wind, Kanälen und Flucht vor Mücken auf die Eiserne Genua angewiesen.

Es begab sich aber zu der Zeit, daß mein geliebter Gori (16.5x11x2RH), durch immer größer werdendes Wehklagen, ob seines Alters von 2100 Betriebstunden, sein Lebensende anzukündigen begann. Seine Wiedergeburt war in der jährlich wiederkehrenden Trockenzeit von nur 3 Wochen nicht in die Realität zu setzen.

Ein deus ex machina des selbsternannten Bremerhavener Propeller Gurus SPW, umwob mich. Er orakelte, daß ich die ganze Zeit mit meinem Gori einem falschen Gott gefolgt sei. Mein motorisiertes Leben sollte von nun an durch einen VarioProp 15X11x2RH bestimmt werden. Gloreiche Zeiten wurden mir prophezeit. Das war zum Ende der Saison im Jahres des Herren 2009. Das Ende der Trockenzeit nahte und so willigte ich ein, einem neuen Gott zu folgen.

Frevel, meine Tat.

Im Folgenden beschreibe ich jetzt Widrigkeiten, die mich meinen überstürzten Entschluß, ANNO 2010 bitter bereuen ließen:

• Radeffekt - das kannte ich mit dem Gori nicht, na ja ... kaum. Sicher, man kann mit dem Radeffekt des Varioprop leben, aber muß man das?
• Geschwindigkeit - früher erreichte das Boot 5.4kts = 10km/h bei 2150 1/min, mit dem Varioprop waren 2450 1/min notwendig.
• Spritverbrauch - durch die erforderliche erhöhte Drehzahl erhöhte sich auch der Spritverbrauch um 12-15%.
• Höchstgeschwindigkeit - mit dem alten Gori betrug die Höchstgeschwindigkeit 7.1-7.2kts, mit dem Varioprop war bei 6.6-6.7kts Schluß.
• Kavitation - ein dauerndes, wenn auch leises, Kavitationsgeräusch trägt nicht zum Wohlfühlen bei.
• Wartung - daß man den Varioprop laut Betriebsanleitung 1× im Jahr voll Fett drücken soll ist auch nicht toll, Blindstopfen raus, Schmiernippel reindrehen, kräftige Fettpresse ansetzen, Schmiernippel raus und wieder Blindstopfen rein ... is et dann möchlich?
• Ruderanströmung - und jetzt kommt es noch schlimmer, das Ruder wurde nicht mehr vernünftig angeströmt. War es früher möglich, das Boot, wenn es mit einer Achterleine fest war, nur durch Ruderlage und Gasgeben mit dem Bug in eine bestimmte Richtung zu drücken, tat sich mit dem Varioprop nichts mehr. Mein Frau in Schleusen mit dem Bug an die Wand zu bringen war dadurch fast nicht mehr möglich.
• Vertrauen - die wirklich schlimmste Situation, und das ist 2x passiert, das Scheißding schaltete nicht auf rückwärts. Das erste Mal nach Grundberührung vor Wijdenes im Markermeer. Rückwärtsgang rein und der Propeller erzeugt nur Schaum, Gang raus und noch mal versucht, dann ging es. Beim 2. Mal merkte ich in Wendtorf/Ostsee, daß die gewählte Box zu schmal ist und es sollte schnell zurück gehen. Auch hier wurde auf Anhieb im Rückwärtsgang nur Schaum produziert.

Das Vertrauen war weg.

Nur einen Vorteil hatte der Propeller, er bremst sehr gut im Rückwärtsgang, wenn er denn umstellt!

Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.

In den modernen Sphären der Aufklärung, man nennt es heute Internet, hatte ich, ob meines Frevels, um Erleuchtung ersucht.
Bukh in Bremen, prophzeite unter bestimmten Bedigungen die Möglichkeit einer Wiedergeburt. Man hat dann den treuen Gori nach Dänemark, dem Ort seiner Geburt geschickt, aber >2100 Betriebsstunden hatten ihm zuviel zugesetzt. Die Empfehlung war, ihn in Frieden Ruhen zu lassen.
Man machte mir ein Angebot, daß ich nicht ablehnen konnte 750.-€ ÷ 15% + MwST. = 758.63€ und den Transport durch die Götterboten übernahm Bukh.
Viele Grüße / Groetjes

Klaus (Dehler32)
Benutzeravatar
Odysseus
Beiträge: 419
Registriert: 06.09.2006, 18:16

Re: Eine Propellergeschichte

Beitrag von Odysseus »

und so wurde aus dem Saulus ein Paulus

eine schöne Weihnachtsgeschichte!

Gruß Odysseus
segelklaus2

Re: Eine Propellergeschichte

Beitrag von segelklaus2 »

geliebeugelt hatte ich mit dem vario auch- ich hatte nie das geld dafür übrig. nach meinem motorenumbau hab ich mir nun einen gebrauchten größeren faltprob besorgt- anscheinend "zum glück" ein gori..
bugs
Beiträge: 46
Registriert: 12.02.2006, 22:23
Wohnort: Ostfriesische Küste

Re: Eine Propellergeschichte

Beitrag von bugs »

... und ich habe nach meinem Motorenwechsel von Yanmar auf Nanni mit dem Prop. gegeizt.... kam sehr günstig an einen radice Faltprop ran, und habe meinen Gori erstmal weggelegt. Irgendwann macht der auch die Dänemark-Reise. Ich bin mit der neuen Anlage, einschließlich dem Propeller, auch nach der 3. Saison, in verschiedenen Revieren, immer noch hochzufrieden.

Danke für die Weihnachtsgeschichte. Das tröstet einem darüber hinweg, dass es gar nicht schlimm ist, wenn man sich nicht immer sofort das Teuerste leisten kann. 8)
Gruß,

bugs
Benutzeravatar
Jolly Roger
Beiträge: 176
Registriert: 13.12.2009, 17:16
Wohnort: Niederlande / Rheinland

Re: Eine Propellergeschichte

Beitrag von Jolly Roger »

Ich bin wieder glücklich!

Das VarioProp-Scheißding ist weg, ich habe wieder meinen alten / neuen GORI.

Kein nervendes Kavitationsgeräusch, kein Klappern beim Fahren mit Leerlaufdrehzahl, kein bemerkbarer Radeffekt, ein irgendwie viel ruhigerer Lauf und wieder manierliche Motordrehzahlen: 5.4kts = 10km/h bei 2150 1/min und es ist wieder die Höchstgeschwindigkeit von 7.2kts möglich.

Steigung ist nicht alles, der VarioProp hatte 12", der GORI hat nur 11"

Wer möchte, kann den VarioProp von mir kaufen, vielleicht funktioniert er ja auf einem anderen Boot besser, das wird allerdings November, denn ich bin jetzt erstmal für 7 Monate weg.
Viele Grüße / Groetjes

Klaus (Dehler32)
Antworten